Erlebnisbericht Transalp: Rabbijoch - Val di Non - Molvenosee (Tag 5)
- 08. Oktober 2014
- Transalp
So mancher Mountainbiker kennt folgendes Szenario - man findet irgendwo im Internet eine unzulänglich beschriebene Route zu einem absoluten Traumziel, welches es Wert ist trotz mangelnder Informationen über Streckenverlauf, Beschaffenheit, etc. mit dem Bike dorthin aufzubrechen. Während man sich dann immer weiter vom Ausgangspunkt entfernt stellt man nach und nach fest, dass die Bodenbeschaffenheit unterirdisch ist und ein Fahren aufgrund der Steigung kaum möglich macht. Oder aber man steht plötzlich vor der beschriebenen "kurzen" Tragepassage. Wie sich herausstellt hat da wohl aber jemand vergessen zu erwähnen, dass diese kurze Passage einige Höhenmeter durch dichtes Gebüsch steil bergauf führt. Oder der Klassiker: man erreicht die Hütte und genehmigt sich eine ausgiebige Stärkung. Dann bricht man anschließend wieder auf und fährt über einen anderen Weg zurück zum Startpunkt. Doch dass man über diese Abfahrtsvariante nicht einfach gemütlich zurückrollt sondern noch einige hundert Höhenmeter Gegenanstieg vor sich hat, das war nicht wirklich bekannt und man hätte sich das Schnitzel lieber sparen sollen.
Da macht wohl jeder Mountainbiker so seine eigenen Erfahrungen, im positiven wie auch im negativen. Und so gibt es immer mal wieder Momente, in denen man vereinzelt Gedanken ans umdrehen entwickelt oder sich wünscht, am liebsten gleich woanders gefahren zu sein. Aber betrachten wir es doch mal aus dieser Perspektive: Bei einer Tagestour ist immerhin ein zeitnahes Ende in Sicht - was man während einer mehrtägigen Mountainbike-Tour über den Alpenhauptkamm wohl wirklich nicht behaupten kann. Zumindest nicht, wenn man sich mittendrin befindet. Und hat man am Vortag noch Glücksgefühle und Erfolge zu feiern, so stößt man plötzlich auf den Talboden der eigenen Motivation.
Auch Alex kam während seinem siebentägigen Alpencross Abenteuer an diesen Tiefpunkt! Wie es während Etappe 5 seiner Transalp dazu kam, schildert er nachfolgend ausführlich im nächsten Teil seines Tour-Tagebuchs - viel Spaß beim Lesen!
Tag 5, Rabbijoch - Val di Non - Molvenosee
Dieser Tag sollte es in sich haben. Ich fahre um ca. 10:00 Uhr los. Eine halbe Stunde später als die Hessen-Mannheim Connection. Es geht zunächst über einen Singletrail, den ich zunächst noch schiebe, der aber nach einem Kilometer besser wird. Man muss jedoch höllisch auf die immer wieder herausragenden Steine achten, um einen "Highsider" zu vermeiden. Ich fahre lieber etwas langsamer den leicht abfallenden Singletrail hinab. Noch eine kurze, steile Schiebepassage dann kommt eine Alm und ab hier geht es eine traumhafte Forststraße hinab bis in die Gemeinde Rabbi. Hier ziehe ich mehr als einmal meine Karte heraus, denn man kann sich zwischen all den kleinen Dörfern leicht verfahren. Doch im Tal finde ich den Weg nach Male, wo es aussieht wie in der DDR vor dem Mauerfall... lauter halb verfallene oder halb fertige Häuser. Was für eine seltsame Gegend.
Ich suche den "Val di Sol-Radweg" und fahre einen leichten Umweg bis ich ihn schließlich finde. Dieser sehr schöne Radweg verläuft immer am wilden Fluß "Noce" entlang, wo ich ein paar Rafter überhole, und endet schließlich an der Staatsstraße 43 Richtung Cles, in die ich einbiege. Kurz vor Tuenno überhole ich die Mannheim-Hessen Connection, welche mir auch keinen sonderlich motivierten Eindruck macht. Ich passiere Tuenno, Flavon und Campodenno, lauter kleine Dörfer am Hang und ich sehe... Apfelplantagen! Es sollte den ganzen Tag so weitergehen. Was für eine trostlose Gegend. Auch das Wetter ist nicht besonders. Es regnet zwar nicht, aber es ist trübe und wolkenverhangen. Ich ziehe immer wieder meine Karte hervor, denn wenn man sich hier verfährt und es bergab geht, muss man den ganzen Weg nicht nur wieder zurück, sondern auch wieder hinauf! Immer wieder Serpentinen... runter, rauf, dann wieder längere moderate Anstiege und... Apfelplantagen soweit das Auge reicht.
Meine Motivation sinkt auf einen Tiefpunkt, als ich in Sporminore den Radweg nach Spormaggiore nicht finde, der auf meiner Karte verzeichnet ist. Ich frage einen Typen neben der Kirche. Ich weiß nicht wer das war, aber es muss wohl der Dorftrottel gewesen sein, denn er schickt mich hinunter bis zum Talboden, wo ich auf der Schnellstraße Richtung Mezzolombardo lande. Diese führt durch eine Felsenscharte, durch die mir ein massiver Wind entgegen pfeift. Ich fluche und meine Laune verschlechtert sich noch mehr als ich feststelle, dass ich nach der Abzweigung rechts nach Spormaggiore die ganzen Serpentinen wieder hoch muss... also nochmal 800 Höhenmeter bis Andalo und die italienischen Autofahrer (allesamt Vollchaoten) zehren weiter an meiner Motivation. Ein Bus rauscht einen halben Meter an mir vorbei und es sollte nicht das letzte Mal sein, dass ich den Stinkefinger ausfahre. Außerdem immer wieder diese Plakate, die auf das hiesige Braunbärenreservat hinweisen, wo die Viecher ja frei rumlaufen. Unser "Bruno" war ja angeblich auch von hier. Hoffentlich läuft mir jetzt nicht auch noch einer seiner Kollegen über den Weg!
Gedanken, die mir auf dem Weg nach Andalo durch den Kopf gingen. Dort angekommen ging es endlich wieder bergab und ich komme schließlich in Molveno am See an, einem Touristenkaff, in dem sich ein Hotel ans andere reiht. Doch ich finde ein Zimmer für 20€ ohne Frühstück in der abgef**ktesten Spelunke am Platz und stelle beim Duschen fest, warum dieses Haus so günstig ist... es gibt kein warmes Wasser. Als ich dann schon wieder am Spazierengehen war, nachdem ich in der Taverne "La Botte" die schlechteste Pizza der ganzen Tour gegessen hatte, trudelt die Mannheim-Hessen Connection im Dorf ein.
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