Erlebnisbericht Dolomiten-Cross "die große Acht": Technische Probleme, italienische Verkehrsrowdys und eine nette Bekanntschaft (Tag 6)
- 07. Oktober 2015
- Mountainbike Abenteuer
Mehrtagestouren im Schutze einer Gruppe von erfahrenen Mountainbikern stellen sich in vielerlei Hinsicht gerne als "bequemer" heraus, als dies mehrtägige Touren im Alleingang sind. Dies kann viele Gründe haben. Etwa die gemeinsame Motivation, das sich gegenseitig "pushen", der gemütliche Ausklang eines Etappentages in vertrauter Runde. Und neben der sozialen Komponente gibt es selbstverständlich auch materielle Vorteile denn die Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus der Gruppe beispielsweise eine Dämpferpumpe am Start hat ist durchaus nennenswert - schließlich kann man im Vorfeld einer Tour gewisses Equipment auf alle Teilnehmer verteilen.
Ist man aber allein unterwegs hat man wohl nur zwei Optionen. Option eins wäre, alles potenziell notwendige Equipment dabei zu haben in der Hoffnung, dass man es nicht völlig umsonst neun Tage lang umherschleppt. Alternativ hofft man lieber darauf, dass man nicht in die Not kommt auf Ersatzteile oder Werkzeug zurückgreifen zu müssen, welche sicher verstaut zuhause liegen. Wie man es also macht... einen Masterplan gibt es wohl nie. Und dann wär da noch diese verflixte Motivation - niemand da der antreibt oder schlaue Sprüche parat hat wie "Auf geht's, nur noch eine Kurve". Alleingang heißt nunmal Alleingang!
Aus diesem Grund zollen wir unserem Gastautor Alex Stiegler unseren höchsten Respekt über die im Alleingang absolvierten Herausforderungen, denen er sich während seiner neuntägigen Tour entlang der "großen Acht" durch die Dolomiten stellen musste. Kapitel 6 seines Tour-Tagebuchs trägt den Titel spannenden "Technische Probleme, italienische Verkehrsrowdys und eine nette Bekanntschaft". Wir möchten euch Alex' Erlebnisse nicht vorenthalten und wünschen nun viel Spaß beim Lesen!
Der Tag begann nach einer ruhigen, erholsamen Nacht bei netten Wirtsleuten mit technischen Problemen. Als ich versuchte, meinen Hinterreifen aufzupumpen, begann es zu zischen. Ich fuhr sofort zum ortsansässigen Fahrradhändler und lieh mir die Kompressorpumpe aus... es zischte immer noch. Hierbei habe ich gelernt, dass man bei Tubeless Reifen, die ich drauf hatte, immer den Ventilring festziehen muss, worauf die Luft dann hielt. Dafür fehlte Luft im hinteren Dämpfer und ich hatte zwar eine Dämpferpumpe, die lag aber aus Gewichtsgründen zuhause, was sie in Zukunft auf solchen Touren nicht mehr tun wird!
Ich nahm an, falls ich eine brauchen würde, würden schon genug Biker unterwegs sein, die mir eine leihen könnten... DENKSTE! Ich radelte den wunderschönen Weg, an einem kristallklaren Bächlein entlang zur Pederühütte. Ich fragte ein paar E-Biker, doch Dämpferpumpe: Fehlanzeige. Weiter auf dem schottrigen, steilen, aber fahrbaren Weg zur Fanesalm und auch unterwegs: Fehlanzeige. An der Faneshütte... naja, man kann es wohl langsam erraten... Fehlanzeige! Also weiter zur großen Fanesalm und dort schließlich kam eine Gruppe Österreicher vorbei, von denen einer eine Dämpferpumpe dabei hatte. Problem behoben.
Jetzt erst konnte ich die unglaubliche Schönheit dieser Gegend in vollen Zügen genießen. Ich setzte mich an eine Bank mit einem Wegkreuz und einem großen Stein davor, packte meine Brotzeit aus und lachte mich halb schwindelig als ein Dackel meine Tomatenreste fraß, die ich kurz davor einem Huhn hingeworfen hatte, welches diese jedoch verschmähte. Die Abfahrt Richtung Col de Locia bin ich regelrecht geflogen, ab der "Capanna Alpina" dagegen ging es steilst bergab. In Stufen, bei denen sich die Wanderer schwer taten. Ich hievte mein Rad Stufe für Stufe hinunter bis der Trail wieder fahrbar war. Jedoch Kategorie S5 würd ich mal sagen. Für mich definitiv noch zu hoch um ohne abzusteigen bis ganz unten durchzufahren. Aber ein paar knifflige Stellen hab ich schon ganz gut gemeistert obgleich ich mir wiedermal den linken Fuß verstauchte und ich mir vorgenommen habe, mir Gedanken über mein Schuhwerk zu machen, sobald ich wieder zu Hause bin. Am Ende des Trails querte ein romantisches Bächlein den Weg und ich rauschte mit dem Bike durch, bevor ich meine Füße zum Kühlen hineinhing.
Neben mir ein Holzbrücklein und um mich rum Felsgiganten. Was für ein unbeschreiblich toller Platz und ein Moment, von denen es im Leben wahrscheinlich nicht so viele gibt. Nach 15 Minuten Relaxen war es an der Zeit weiterzufahren, denn ich war ja noch lange nicht am Ziel. Ich kurbelte den Valparola-Pass hinauf und zwar mit einer Leichtigkeit, über die ich mich selbst wunderte. Was acht Stunden Schlaf bewirken konnten war schon erstaunlich. Um ca. 17:20 Uhr, ich hatte die 500 HM des Passes in einer knappen Stunde fast bewältigt, scherte in einer Kurve plötzlich ein Ford Transit zum Überholen von drei oder auch mehreren Autos aus und kam mir mit Vollgas auf meiner Spur entgegen! Scheiße, bloß weg hier und ich sprang vom Rad, riss dieses zur Seite und brachte mich in einer Ausbuchtung in Sicherheit. Gerade noch rechtzeitig bevor der Rowdy an mir vorbei rauschte. Wäre an dieser Stelle eine Leitplanke gewesen, hätte ich über diese hinüber gemusst und bei Gott... Leitplanken sind nur an Stellen, an denen es steil bergab geht. Ich schaute zurück und merkte mir das Kennzeichen, kam aber relativ schnell von dem Schrecken wieder runter und ging über zum Tagesgeschäft. Oben am Pass hieß es wieder Fragen... zwei Motorradfahrer aus der Schweiz bestätigten mir, dass ich auf dem richtigen Weg sei und ich setzte meine Reise fort Richtung Falzaregopass Richtung Cortina d’Ampezzo bis ich am Sessellift hinauf zur Scoiattoli Hütte angelangt war.
Der Lift hatte zwar schon zu aber ich wollte ohnehin nicht Seilbahn fahren, also suchte ich den Wegweiser und folgte diesem, teils fahrend, schiebend, tragend... dann war ich an der Scoiattoli Hütte angelangt. Diese Hütte gehört von der Lage, von der Ausstattung und von de Küche her wahrscheinlich zum Feinsten, was die Alpen zu bieten haben. Ich bestellte sofort ein Weißbier, zückte meine Kamera und fotografierte was das Zeug hielt. Was für ein Panorama! Und dann noch der Sonnenuntergang. Direkt vor der Hütte befinden sich die "Cinque Torri" - eine Formation aus fünf bizarren Felstürmen, die im Abendlicht erstrahlten. Der fast volle Mond im Hintergrund.
Als ich mein Bike einen Stock tiefer verstaute, lernte ich Bob kennen, der auch gerade angekommen war. Bob ist US Amerikaner und war auch alleine wie ich, aber zu Fuß unterwegs. Wir verstanden uns auf Anhieb, saßen beim Abendessen am selben Tisch, unterhielten uns über Gott und die Welt, bestaunten den Sonnenuntergang und der Zufall wollte es, dass wir auch dasselbe Zimmer zugewiesen bekamen. Das Essen, ein Dreigangmenü war übrigens im Übernachtungspreis von 58,00 € inbegriffen, genau wie das Frühstück. Bob ist ein total sympathischer Mensch und ich denke es sind Begegnungen wie diese, die Gold wert sind und die man nur macht, wenn man alleine unterwegs ist. Ein weiterer unvergesslicher Tag in den Dolomiten.
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