Erlebnisbericht Dolomiten-Cross "die große Acht": Die Suche nach dem finalen Weg (Tag 9)
- 28. Oktober 2015
- Mountainbike Abenteuer
Was gibt es denn schöneres als ein kühles Bier (egal ob alkoholfrei oder scharf) auf der gemütlichen Hütte nach einer beschwerlichen Auffahrt? Anschließend rauf auf den Sattel, rein in die Abfahrt und zurück nach Hause. So oder so ähnlich kennt das vermutlich jeder Mountainbiker. Das Bike sauber machen und in der Garage verstauen, raus aus dem Trikot, ab unter die Dusche und der Tag ist perfekt.
Wer vermag sich dabei auch nur ansatzweise vorzustellen wie sehr man sich auf die Heimkehr nach einer neuntägigen Tour durch die Dolomiten freut, der das selbst noch nicht erlebt hat? Knapp fünfhundert gefahrene Kilometer, dreizehntausend Höhenmeter in Beinen, Rücken und Gesäß. Jeder gefahrene Kilometer scheint länger als der vorhergehende zu sein. Alexander Stiegler weiß wovon die Rede ist! Er hat sein Dolomiten-Cross Abenteuer Ende August 2015 erfolgreich absolviert und sich bis zurück nach Hause ins oberbayerische Gaißach gekämpft.
Unzählige unbeschilderte Weggabelungen die einen auf falsche Pfade führen, steile Auffahrten, anspruchsvolle Trails. Aber auch eindrucksvolle Landschaften, nette Bekanntschaften und einzigartige Erlebnisse. Dies sind nur einige Stichpunkte die Alex' Mountainbike-Mehrtagestour entlang der "großen 8" beschreiben. Wer gemeinsam mit uns in den vergangenen neun Wochen seine Erlebnisse etappenweise verfolgt hat darf sich nun auf das letzte Kapitel seines Tour-Tagebuchs freuen.
Alex, tausend Dank für die zahlreichen Bilder und die vielen verfassten Zeilen die du uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt hast! Gratulation außerdem für diese Leistung, Respekt! Das lässt hoffen, dass du dir für das kommende Jahr wieder eine neue Herausforderung suchst und uns daran teilhaben lässt :-)
Ich starte nach dem Frühstück um 9:00 Uhr und fahre runter zur "Tofane" Seilbahn, denn dort beginnt der Weg zur "Col Druscie" Mittelstation. Von nun an bin ich ständig am Fragen und Suchen, ich packe alle zwei Kilometer meine Karten aus. Die Beschilderung ist italientypisch wieder mal sehr bescheiden und außerdem total veraltet. Ich verliere mindestens eine Stunde, fahre im Kreis (der richtige Weg wäre direkt unterhalb des Hotels losgegangen) und lande schließlich auf dem Meraner Höhenweg - einem unbeschreiblich schönen Weg, immer den Pomagnon und den Monta Cristallo rechter Hand im Blick. An dessen Ende kam dann ein komplizierter und sehr steiler Trail abwärts und ich hatte immer das Gefühl, dass der Weg ins Nichts führen könnte denn keine Menschenseele war hier unterwegs.
Ich lande schließlich auf einer Forststraße und an einem romantischen Bach mit Brücke, wo sich einige Wanderer und Ausflügler tummelten. Eine sehr paradiesische Gegend. Ich finde einen Wegweiser zur "Da Stua" Alm und folge diesem allerdings mit einem, wieder mal unsicheren Gefühl, denn an den folgenden Gabelungen und Abzweigungen waren keine Schilder mehr. Schließlich komme ich an einen Parkplatz, an dem ich wieder einen Wegweiser finde. Ich folge der sehr sehr steilen Teerstraße bis zur Alm wo ich meine Mittagspause an einem frischen, klaren Gebirgsbach einlegte.
Die nächsten 500 HM zur Sennes Alm waren sehr anstrengend. Nicht nur weil es sehr heiß war und der Weg steil und unbefahrbar, ich spürte auch die nun zu Ende gehende Tour in meinen Knochen. Doch ich arbeitete mich, teils schiebend, langsam hoch und komme um ca. 16:00 Uhr an der Sennes Alm an, an welcher voll die Party abging mit Liveband usw. Ich wäre gerne länger geblieben aber ich musste ja heute noch nach Hause. Also runter zur Pederühütte an der ich vor drei Tagen zum Start der zweiten Runde schon einmal vorbeigekommen war, weiter hinunter nach St. Vigil und anschließend nach Bruneck zum Bahnhof.
Die "große 8" war geschafft und ich hätte auch gleich in St. Lorenzen wieder in den Zug steigen können, aber ich hoffte, dass ich im etwas größeren Brunecker Bahnhof eine bessere Beratung bzw. Reiseauskunft bekommen würde, da ich mit den italienischen Fahrkartenautomaten ein wenig auf Kriegsfuß stand. Ein etwas schläfrig wirkender, ferienjobbender Student mit gelber Weste half mir schließlich, am Automaten eine Fahrkarte Richtung Brenner zu ziehen. 22 Euro??? Ich sagte, dass mir dieser Preis ein wenig überteuert vorkam und er ging die ganze Prozedur noch einmal durch. 22 Euro. Er sagte, dass dieser Preis stimmen müsse, also willigte ich ein, denn der Zug kam bald. Der Automat verschluckte mein letztes Bargeld und der Schaffner später im Zug erklärte mir, dass ich tatsächlich zu viel bezahlt hatte. Welch grandiose Unprofessionalität!!! Man bezahlt in Italien in der Regel für das Fahrrad genauso viel wie für eine Person. Außer, man kauft einfach eine Fahrrad-Tageskarte für 6 €. Dies hatte der schläfrige Student übersehen! Egal, am Brenner angekommen schnallte ich meine Helmlampe auf, denn ich musste die alte Brennerstraße runter bis Innsbruck und es war schon dunkel.
Auf circa halbem Weg bemerkte ich hinter mir plötzlich ein langsam fahrendes Auto. Ich begann mich gerade zu wundern, warum er denn nicht überholt, die Straße war ja frei, als die Blaulichter angingen. "Des is aber nicht gut, wasch du da machsch", sagte der äußerst sympathische österreichische Polizeibeamte. "Die alte Brennerstraße ist nämlich nicht ungefährlich, vor allem für Radfahrer", fügte seine Kollegin hinzu. Dass meine Helmlampe zumindest in Deutschland nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen ist, schien die Beamten nicht zu stören. Sie bemängelten lediglich, dass ich kein Rücklicht bzw. keine Reflektoren hinten dran hatte. Man könne mich von hinten nicht sehen. Ich dachte immer die Lampe sei so hell, dass man sie auch von hinten sehen könne. "Wartens mal" sagte der Polizist und ging zum Kofferraum seines Streifenwagens. Er holte eine gelbe Warnweste mit Reflektorstreifen hervor und band mir diese hinten an den Rucksack. "Ich geb die Ihnen jetzt, damit Sie sicher weiterfahren können". Respekt! Dachte ich mir. Die Polizei, dein Freund und Helfer. Ob mir das so in Deutschland auch passiert wäre?
Am Innsbrucker Bahnhof angekommen stand ich schließlich vorm Fahrkartenautomaten und ich hatte ja kein Bargeld mehr. Also zückte ich meine EC-Karte, steckte sie in den Schlitz, gab die Geheimzahl ein und... "Lesefehler". Das gibt’s doch nicht, nochmal... "Lesefehler". Ich wollte nur noch nach Hause und begann mich an den Gedanken zu gewöhnen, nun auch noch den Innradweg bis Jenbach rauf radeln zu müssen. Ich putzte akribisch den Magnetstreifen meiner EC-Karte und... "Fahrkarte wird gedruckt". PUUUUUHHHH! Extra Fahrradkarte ziehen nicht vergessen und schon saß ich im Zug nach Jenbach, wo ich um 23:05 Uhr ankam. Ich schwang mich sofort wieder aufs Rad um erstmal die steile Straße nach Maurach hochzukurbeln. Heilige Scheiße ist das steil hier und ich schob das letzte Stück bis ich am Achensee-Radweg ankam. Dann die üblichen Durchgangsstationen... Achenkirch, Grenze, Sylvenstein... mein Rücken schmerzte und meine Beine waren schwer. Noch acht Kilometer. Ich kam schließlich um 2:45 Uhr zu Hause an. Das erste Weißbier seit neun Tagen schmeckte hervorragend!
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